Kopierkontingent
Wie viel Lehrer/innen fotokopieren dürfen 01.12.2008, 23:29
Vertraglich ist nun seit 2008 geregelt, wie viel Lehrer/innen für den Unterricht kopieren dürfen. Für die Schulbuchverlage erfreulich - denn sie können nun endlich versuchen, die außer Kontrolle geratene Kopiersituation an Schulen in Griff zu bekommen. Ärgerlich in Unterrichtssituationen, in denen man kein oder ein schlechtes Schulbuch hat.
Seit der Änderung des Urheberrechtsgesetzes im Januar 2008 war die Kopier-Situation an Schulen unklar. Jetzt haben sich Länder, Verwertungsgesellschaften (VG Wort, VG Bild-Kunst, VG Musikedition) und die Schulbuchverlage (durch ihr Organ VdS Bildungsmedien e.V.) vertraglich auf die Rahmenbedingungen der Fotokopiererei festgelegt:
Kopiert werden dürfen an Schulen
- bis zu 12 % eines jeden urheberrechtlich geschützten Werkes, jedoch höchstens 20 Seiten. Dies gilt insbesondere auch für Schulbücher, Arbeitshefte, Sach- und Musikbücher.
- soweit es sich nicht um Schulbücher oder sonstige Unterrichtsmaterialien handelt, ausnahmsweise sogar ganze Werke, wenn diese nur von geringem Umfang sind [...]
Die Partner haben in der neuen Regelung auch klar gestellt, dass aus jedem Werk pro Schuljahr und Klasse nur einmal im vereinbarten Umfang kopiert werden kann, um das Kopiervolumen zu regulieren. Zudem dürfen nur analoge Kopien angefertigt werden. Die digitale Speicherung und ein digitales Verteilen von Kopien (z.B. per Mail) ist schon von Gesetzes wegen nicht gestattet.
VdS Bildungsmedien 28.11.2008: Fotokopieren an Schulen neu geregelt, Hervorhebung Lehrerfreund
An diesen Formulierungen zeigt sich:
- Durch den Vertrag werden in erster Linie die Rechte der Schulbuchverlage gestärkt. (Aus einer Tageszeitung könnte ich täglich das Titelbild kopieren und verwenden.)
- Die Vorstellungen sind in keiner Weise realistisch. (Wie soll eine Lehrperson im 21. Jahrhundert gänzlich auf “digitale Speicherung” von nicht selbst erstellten Unterrichtsmaterialien verzichten?)
Während die Schulbuchverlage bislang keinerlei Kontrolle über die ausufernde Kopiersituation hatten (teilweise bestreiten Lehrer/innen ein ganzes Schuljahr mit Fotokopien aus zwei oder drei Schulbüchern), setzt man jetzt einen Rahmen, der - wie mehrfach betont - die “Rechtssicherheit” für Lehrer/innen erhöhe. Dabei ist die Formulierung unglücklich gewählt: Die Vereinbarung erhöht viel mehr die Rechtssicherheit der Schulbuchverlage.
Schulen, die einen größeren Fotokopierbedarf haben, können sich direkt an die betreffenden Verlage wenden. Bei diesen können sie auf einfache Art und Weise ergänzende Fotokopierlizenzen einholen. Die Schulbuchverlage und Bildungsmedienhersteller bieten unterschiedliche Lizenzmodelle an - auch was das Digitalisieren und Abspeichern der Werke angeht. Die Lizenzgebühren sind in diesen Fällen direkt von den Schulen bzw. den Schulträgern zu entrichten. [...]
Vereinbart ist, dass die Vertragspartner noch im kommenden Schuljahr eine Erhebung durchführen, um festzustellen, wie sich die neue Fotokopierregelung auf die Schulen konkret auswirkt.
VdS Bildungsmedien 28.11.2008: Fotokopieren an Schulen neu geregelt, Hervorhebung Lehrerfreund
Es ist davon auszugehen, dass das eingeräumte Kontingent (s.o.) nicht den Anforderungen jeder Fach-/Unterrichtssituation genügen wird. Das betrifft vor allem die Situation, in der ein schlechtes oder gar kein Schulbuch zur Verfügung steht. Dann steht man als Lehrer/in vor der Wahl: entweder illegal kopieren - oder mit schlechteren Materialien unterrichten. Denn die Schulleitung wird sich natürlich halb kaputtlachen, wenn sie für 50 Lehrer/innen mit dem nicht vorhandenen Geld Kopierlizenzen kaufen muss.
Die Vorstellung der Schulbuchverlage ist vollständig nachvollziehbar, aber nicht praxistauglich. Daran haben jedoch die Verlage selbst Mitschuld: Gäbe es weniger schlechte Schulbücher, müssten Lehrer/innen weniger auf zusätzliche Materialien zugreifen.
gefunden bei bildungsklick 28.11.2008: Fotokopieren an Schulen neu geregelt