Spitzenreiter Deutschland, Dänemark, Österreich
Lehrer-Gehälter in der EU im Vergleich, 2009/2010 08.10.2011, 21:33
Beim internationalen Vergleich von Lehrergehältern wird meistens vergessen, die Arbeitszeit (Deputatsstunden) und das nationale Lohnniveau einzurechnen. Der vom Lehrerfreund weiterinterpretierte EU-Bericht kommt trotzdem zu erwartbaren Ergebnissen: Deutschlands und Österreichs Lehrer/innen verdienen ziemlich gut. Am besten hat man es als Lehrer/in in Dänemark.
Die EU-Kommission hat am 04.10.2011 einen knapp 100-seitigen Bericht Teachers' and School Heads' Salaries and Allowances in Europe, 2009/10 (PDF) (Gehälter und Zulagen von Lehrern und Schulleitern in Europa, 2009/2010) vorgelegt. Im Bericht werden alle Stufen der Vorschule, Primarstufe und der Sekundarstufen abgedeckt und die altersbedingten Gehaltsentwicklungen und Zulagen berücksichtigt (nur öffentliche Schulen, keine Privatschulen). Es wurden die Gehälter von Lehrer/innen in den 27 EU-Mitgliedstaaten betrachtet, außerdem in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Türkei.
Als zentrale Ergebnisse nennt die Europäische Kommission:
In fast allen europäischen Ländern liegen die Brutto-Eingangsgehälter für Lehrer unter dem nationalen Pro-Kopf-BIP – und nur in einigen wenigen Mitgliedstaaten verdoppelt sich ihr Einkommen im Laufe ihres Arbeitslebens. [...]
Soweit Zahlen verfügbar sind, lässt sich feststellen, dass – unter Berücksichtigung von Grundgehalt und Zulagen – die Lehrer in Luxemburg, Dänemark und Österreich die bestbezahlten in der EU sind. Am anderen Ende liegen die Lehrer in Bulgarien und Rumänien. Sechs Millionen Lehrer sind derzeit in den Mitgliedstaaten beschäftigt. [...]
Der Bericht zeigt, dass das Brutto-Eingangsgehalt von Lehrern in allen Mitgliedstaaten außer Deutschland, Spanien und Portugal unter dem nationalen Pro-Kopf-BIP liegt. Nur in drei Ländern (Zypern, Portugal und Rumänien) haben Lehrer die Chance, im Laufe ihres Berufslebens ihr Grundgehalt zu verdoppeln. Aber selbst in diesen Ländern dauert es mehr als zwanzig Jahre, in die höchste Gehaltsgruppe aufzusteigen.
In den meisten europäischen Ländern gibt es neben dem Grundgehalt eine Reihe von Zulagen; aber nur in der Hälfte der Länder werden spezielle Zulagen für fachliche Höherqualifizierung und besondere Leistungen gewährt.
In der Praxis liegen Lehrergehälter einschließlich Zulagen nahe am oberen Rand der Einkommensskala in vielen Ländern. Dies liegt an der alternden Lehrerschaft und an den Zulagen. In Dänemark (61 804 EUR), Griechenland (22 817), Finnland (44 775 EUR) und England (35 580 EUR) nehmen die Lehrer dank dieser Zulagen im Durchschnitt sogar mehr mit nach Hause als alle anderen. [...]
Eingangsgehälter von Lehrern nicht attraktiv, so ein Bericht (EU-Kommission 04.10.2011)
Vergleich der Lehrergehälter in der EU fast unmöglich
Die Daten sind im Bericht akribisch zusammengetragen und ausgewertet. Dennoch sind die Zahlen kaum auswertbar: Zulagen, Unterrichtsverpflichtung, regionale Unterschiede, Anzahl der unterrichteten Schüler/innen, Abhängigkeit von Ausbildungsdauer und Lehrerfahrung etc. machen den Vergleich zwischen den einzelnen Ländern fast unmöglich. Ein besonders eindrückliches Beispiel sind die Anmerkungen zu den Lehrergehältern in Lettland:
The minimum and the maximum basic gross annual statutory salaries are calculated on the basis of 18 pedagogical hours per week. The rate of the monthly tariff-based salary for teachers without any qualification category and established education amounts to 8.9- 9.5 of the basic monthly salary and is applied irrespective of the length of their teaching service. In addition to class contact hours (in the event that the teacher has 18 class contact hours per week), tariff-based salaries for teachers additionally include hours for checking of pupils‘ written work (from 0.5 to 2.5 hours depending on the subject and the number of pupils in class), performance of the role of a class(group)master or class(group)mistress (from 2.5 to 5 hours depending on the number of pupils in class), preparation for lessons (3.5 hours) and other additional activities.
Teachers' and School Heads' Salaries and Allowances in Europe, 2009/10 (PDF), S. 48
Für die folgende Auswertung wurden deshalb die im Bericht angegebenen Durchschnittswerte für die einzelnen EU-Staaten genommen. Wenn diese nicht vorhanden waren, wurde aus den Minimal- und Maximalwerten der Grundgehälter ein Durchschnitt gebildet (der als absolute Zahl nicht immer genau zutreffen wird: In Deutschland gibt es viele ältere Lehrer/innen, so dass das durchschnittliche Gehalt eher höher liegt). In den folgenden Grafiken wurden die Länder, bei denen das durchschnittliche Gehalt so geschätzt wurde, mit einem Stern (*) versehen.
Lehrer/innen in Luxemburg, Dänemark und Österreich verdienen die meisten Euros
Von den absoluten Zahlen her gesehen (Euro-Beträge, brutto, Jahresverdienst) sind die Lehrer/innen in Luxemburg, Dänemark und Österreich am besten dran. Man beachte auch die teilweise großen Unterschiede zwischen den Schulstufen: In Österreich verdienen Lehrer/innen in der Primarstufe (Grundschule) deutlich weniger als in den Sekundarstufen; in Dänemark verdient man in der Sekundarstufe II rasch mal jährlich 15.000 Euro mehr als in der Primarstufe und der Sekundarstufe I.
Natürlich sind absolute Beträge nicht besonders aussagekräftig. Einerseits muss berücksichtigt werden, wie viel Arbeitszeit für das (hohe oder niedrige) Gehalt investiert werden muss. Eine solche Rangliste haben wir auf Grundlage eines OECD-Berichts bereits erstellt, allerdings sind die Daten auf dem Stand von 2005. Hier kamen Luxemburg, Japan, Korea und Deutschland auf die vorderen Ränge, was das Verhältnis von Arbeitszeit und Gehalt betrifft. Mehr: Lehrerfreund 19.10.2008: Lehrer-Arbeitszeit im internationalen Vergleich.
Lehrer/innen in Dänemark, Deutschland und Österreich am besten bezahlt
Außerdem ist natürlich zu fragen, wie das Gehalt im nationalen Durchschnitt zu sehen ist. Als Vergleichsgröße bietet sich hier das BIP an (Bruttoinlandsprodukt).
Präziser wäre die Verwendung des BNE (Bruttonationaleinkommen); da BNE und BIP jedoch in den meisten Staaten nur wenig von einander abweichen, ist das BIP als Vergleichsgröße durchaus sinnvoll. Eine Ausnahme bildet Luxemburg (wegen der vielen Grenzgänger); das tatsächliche BNE liegt hier deutlich niedriger, als die Statistiken nahelegen.
Im folgenden Diagramm werden die Lehrergehälter in Bezug zum BIP pro Kopf gesetzt. Dargestellt ist die Abweichung in Prozent. So liegt der Verdienst einer Lehrer/in in der Sekundarstufe II (grüner Balken) in Dänemark 160% über dem dänischen BIP.
Auch in Deutschland und Österreich ist der Verdienst von Lehrer/innen im Verhältnis zur nationalen Wirtschaftssituation außergewöhnlich hoch, wobei in Österreich der Primarbereich ziemlich abgeschlagen ist. In Deutschland liegt die Unterrichtsverpflichtung dabei deutlich über dem OECD-Schnitt, während in Österreich und Dänemark das Gegenteil der Fall ist.
Ganz düster sieht es für Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Ungarn und die Tschechische Republik aus - hier liegt das Gehalt von Lehrer/innen deutlich unter dem nationalen Durchschnittseinkommen.
Fazit
Ein Blick auf die Grafiken zeigt, dass Lehrer/innen in den östlichen EU-Staaten eher schlecht verdienen, auch gemessen am niedrigeren Lohn-Niveau dieser Länder; das trifft auch für die Staaten zu, die hier aus ökonomischen Gründen weggelassen wurden, im EU-Bericht aber behandelt werden (Lettland, Litauen, Slowenien etc.). In den anderen EU-Staaten liegt der Verdienst jedoch (teilweise deutlich) über dem jeweiligen nationalen Durchschnitt, wobei die Lehrergehälter in Italien, Frankreich und Griechenland nicht übermäßig üppig ausfallen.
Letztlich muss als Vergleichsgröße neben dem nationalen Lebensstandard auch immer noch die Arbeitszeit herangezogen werden, die sich in den einzelnen Staaten der Erde deutlich unterscheidet. Der OECD-Vergleich 2005 zeigt eine Spanne von 505 (Japan) bis 1080 (USA) Unterrichtsstunden, die pro Jahr zu unterrichten sind.
Anhang: Tabellen
Die Diagramme sind erstellt auf den Daten, die der Bericht der EU-Kommission (PDF) enthält. Das BIP für 2010 nach der Statistik BIP je Einwohner (PDF) der Wirtschaftskammern Österreichs (WKO).
Primar-stufe | Sekundar-stufe I1 | Sekundar-stufe II | BIP/Kopf | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
ø Gehalt (€) | % BIP | ø Gehalt (€) | % BIP | ø Gehalt (€) | % BIP | (€) | |
Bulgarien | 4271 | -60,1 | 4271 | -60,1 | 4271 | -60,1 | 10711 |
Rumänien | 5063 | -54,0 | 5063 | -54,0 | 5063 | -54,0 | 11004 |
Slowakei | 9363 | -48,9 | 9363 | -48,9 | 9471 | -48,3 | 18307 |
Ungarn | 8538 | -46,2 | 8538 | -46,2 | 10156 | -36,0 | 15859 |
Tschechi-sche Republik | 11372 | -43,4 | 11372 | -43,4 | 12170 | -39,4 | 20086 |
Estland | 9607 | -39,2 | 9607 | -39,2 | 9607 | -39,2 | 15812 |
* Türkei | 10142 | -9,0 | 10142 | -9,0 | 10142 | -9,0 | 11142 |
Griechen-land | 22818 | 5,9 | 22818 | 5,9 | 22818 | 5,9 | 21543 |
Italien | 27244 | 8,1 | 29719 | 17,9 | 30966 | 22,8 | 25212 |
* Frank-reich | 33474 | 27,5 | 35881 | 36,7 | 36352 | 38,5 | 26250 |
England | 34795 | 27,6 | 38499 | 41,1 | 38499 | 41,1 | 27277 |
* Nieder-lande | 41797 | 31,1 | 43288 | 35,8 | 52010 | 63,2 | 31870 |
Luxem-burg | 88315 | 32,8 | 101471 | 52,6 | 101471 | 52,6 | 66509 |
Portugal | 29865 | 52,6 | 31527 | 61,1 | 31527 | 61,1 | 19573 |
* Spanien | 35041 | 41,5 | 40018 | 61,6 | 42556 | 71,9 | 24762 |
Finnland | 40088 | 43,7 | 44775 | 60,5 | 49875 | 78,8 | 27898 |
Österreich | 40585 | 33,1 | 57663 | 89,0 | 57663 | 89,0 | 30503 |
* Deutsch-land | 44792 | 54,0 | 50015 | 71,9 | 54698 | 88,0 | 29087 |
Dänemark | 61804 | 109,2 | 61804 | 109,2 | 77108 | 161,0 | 29544 |