Jetzt ist das Bundesverfassungsgericht am Zug
Arbeitszimmer - Finanzgericht Münster entscheidet für Lehrer/innen 19.05.2009, 10:45
Einer aktuellen Klage in Sachen "Absetzbarkeit des Arbeitszimmers" wurde nun vom Finanzgericht Münster stattgegeben - die Neuregelung verstoße gegen das Grundgesetz. Damit wandert der Fall jetzt vor das Bundesverfassungsgericht.
Seit 2007 können Lehrer/innen ihr Arbeitszimmer steuerlich nicht mehr absetzen und verlieren damit bis zu 100 Euro pro Monat. Diese neue Regelung hat gerade in Lehrerkreisen für Aufregung gesorgt, da diese Berufsgruppe mehr Zeit im heimischen Arbeitszimmer verbringt als in der Schule - und in der Regel in der Schule keinen adäquaten Arbeitsplatz zur Verfügung hat. Lehrergewerkschaften haben verschiedene Musterklagen gestartet. Ende Februar 2009 wurde eine erste Musterklage vor dem Finanzgericht Neustadt (Rheinland-Pfalz) abgelehnt (Lehrerfreund 22.03.2009: Erste Arbeitszimmerklage abgelehnt).
Einer weiteren Klage in Nordrhein-Westfalen war Besseres beschieden: Das Finanzgericht Münster hält die Neuregelung für verfassungswidrig, da durch sie das “objektive Nettoprinzip” missachtet werde:
Dieses besagt, dass der Staat nur das Einkommen besteuern darf, das ganz am Ende entsteht - also nach Abzug sämtlicher Ausgaben, die ein Bürger aufwenden muss, um das Einkommen überhaupt zu erzielen. Außerdem sei der Lehrer gegenüber anderen Steuerzahlern benachteiligt, die voll von zu Hause aus arbeiten und bei denen sich die Finanzverwaltung nicht dem Abzug der Arbeitszimmerkosten widersetzt, so das Gericht (Az. 1 K 2872/08 E).
sueddeutsche.de 19.05.2009: Arbeitszimmer: Fall für Karlsruhe
Der Fall wird damit in nächster Instanz vor den BVG (Bundesverfassungsgericht) Karlsruhe verhandelt.
Etwas unklar ist aktuell das weitere Vorgehen für die abwartenden Lehrpersonen. Während einige in steuerrechtlicher Hinsicht seriöse Quellen (Finanztest, Lehrergewerkschaften) dazu geraten haben, das Arbeitszimmer weiterhin in der Steuererklärung geltend zu machen und bei einem negativen Bescheid erst mal Ruhe des Verfahrens zu beantragen, erklärt “capital” die Welt anders: Es gebe keinen Anlass zu Aktion, da Einkommenssteuerbescheide seit 2009 nur vorläufig seien, was das Arbeitszimmer betrifft. Die Aussichten seien nicht gut:
Denn da es hier um Kosten in der eigenen Wohnung geht, vermischt sich beruflich und privat und der Fiskus kann das nur schwer überprüfen. Also könnten solche gemischten Aufwendungen durchaus vom Steuerabzug ausgenommen werden, weil das Arbeitszimmer ohne jegliche Kontrollmöglichkeit für die Finanzbehörden auch für private Zwecke verwendet werden kann.
capital 19.05.2009: Jetzt steht auch das Arbeitszimmer auf dem Prüfstand
Nachdem der negative Bescheid in Rheinland-Pfalz von Vielen als herber Rückschlag interpretiert wurde, gibt die Entscheidung des Finanzgerichts Münsters Grund zum Hoffen. Sollte das Bundesverfassungsgericht ebenfalls entscheiden, dass die Neuregelung zur Absetzbarkeit des heimischen Arbeitszimmers zu revidieren ist, wird das für den Staat teuer. Und das geschieht ihm ganz recht. Schade nur, dass eigentlich wir der Staat sind.