Statistik
Steigende Schülerzahlen an Gymnasien (2007/08) - Werden die Deutschen immer klüger? 26.02.2008, 11:32
"Rückläufige Schülerzahlen" meldet das Statistische Bundesamt auch wieder für das Schuljahr 2007/2008. Angesichts dieser Entwicklung ist es höchst erstaunlich, dass die Anzahl der GymnasiastInnen steigt. Dafür gibt es drei Erklärungsmodelle.
Die Entwicklung der Schülerzahlen in der BRD ist weiterhin rückläufig; an allgemeinbildenden Schulen wurden im Schuljahr 2007/2008 ca. 9,2 Mio. Schüler/innen gezählt, was -1,7% zum Vorjahr bedeutet. Das entspricht der Entwicklung im Vorjahr (2006/07: 9,4 Mio. Schüler/innen, -1,6% zum Vorjahr) und den Entwicklungen der Schülerzahlen seit 1980/1990.
Dass die BRD unter Bevölkerungsrückgang leidet, ist wohl bekannt. Diese demographische Entwicklung lässt sich an den Schülerzahlen der Grundschulen ablesen (-64.100 = -2,0% zum Vorjahr), die Entwicklung an Haupt- und Gesamtschulen ist ebenfalls rückläufig.
Wie jedes Jahr überraschend ist jedoch ist ein Blick auf die Schulformen: In Gymnasien nehmen die Schülerzahlen seit 1993 kontinuierlich zu (Schuljahr 2007/08: plus 0,5%).
Mögliche Erklärungsmodelle für die Zunahme der Schülerzahlen an Gymnasien
- These 1: Die Deutschen werden immer klüger.
- Wenn die Dreiteilung des Schulsystems tatsächlich einer möglichst “individuellen Förderung” (BW-Kultusminister Helmut Rau) dient, dann bedeutet eine positive Entwicklung an Gymnasien (bei rückläufigen Zahlen an Hauptschulen) ganz klar: der durchschnittliche IQ der deutschen Schüler/innen steigt permanent. Intuitiv ist das etwas verdutzend, es wäre zu überprüfen.
Mögliche Schlussfolgerung: Die Bildungspolitik hat gute Arbeit geleistet, Deutschland befindet sich im Aufschwung. - These 2: Das inhaltliche Niveau an Schulen sinkt.
- Sollte These 1 nicht wahr sein, dann müsste man logischerweise annehmen, dass die Anforderungen der Schulen sinken - und zwar quer durch alle Schultypen. Niemand möchte eine Absenkung des Schulniveaus haben, denn die BRD muss international konkurrenzfähig bleiben und qualifizierte Arbeitskräfte produzieren. Genau deshalb wird so viel über PISA, Bildungsstandards und Schulreformen diskutiert. In diesem Kontext gibt es folgende Erklärungen, warum der inhaltliche Anspruch der Schulen sinkt:
- Die Deutschen werden immer dümmer (und die Bildungspolitik passt das Schulniveau an);
- Die Bildungspolitik befördert die Niveausenkungen an Schulen willentlich (damit man ihr kein Versagen vorwerfen kann).
Mögliche Schlussfolgerung: Wenn das inhaltliche Niveau der Schulen sinkt, werden die Deutschen immer dümmer (und denken dabei, sie würden immer klüger).
- These 3: Die Erwartungshaltung der Eltern steigt.
- Wir wissen, dass in städtischen Gebieten die Schülerzahlen an Gymnasien wesentliche höher liegen als in ländlichen. Das liegt nicht daran, dass man auf dem Land dümmer wäre, sondern dass in der Stadt die Eltern mehr Druck machen: den Lehrer/innen, den Schulleiter/innen, den Behörden - die Brut muss aufs Gymnasium, denn sie ist ach so intelligent. Statt den zum zweiten Mal sitzenbleibenden Spross auf die Realschule zu schicken, wird er mit Nachhilfe zugemüllt und verliert Glück und Leben (steigert aber die Schülerzahl an Gymnasien). Vielleicht wird er ja mal Millionär, weil er in der Schule so viel lernt.
Mögliche Schlussfolgerung: Die Schule (=Bildungspolitik) muss das Niveau der Schulen senken, um die Eltern bei Laune zu halten.
Es wäre schön, wenn die Deutschen tatsächlich immer klüger würden. Leider müssen wir vermuten, dass eine Interaktion der Erklärungsmodelle 2 und 3 vorliegt: Dass nämlich die Bildungspolitik unter dem Druck prestigegeiler Eltern das inhaltliche Niveau der Schulen senkt - und die Deutschen somit im Lauf der Jahre immer dünner dümmer werden.