Finanzamt
Überblick: Reaktionen auf die neue Arbeitszimmer-Regelung 20.08.2008, 20:35
Viele KollegInnen haben inzwischen von den Finanzämtern Reaktionen auf die Steuererklärung für 2007 erhalten, Ergebnis: Arbeitszimmer absetzen ist nicht. In den Kommentaren zu unseren einschlägigen Artikeln wurden nun entsprechende Aktionsmöglichkeiten erörtert; die wichtigsten finden Sie hier zusammengefasst und bewertet.
Im Lehrerfreund-Bereich Lehrerarbeitszimmer finden sich verschiedene Beiträge zur Thematik; zu den meisten gibt es eine Menge Kommentare von LehrerfreundInnen - vor allem in den letzten Wochen, wo viele einen negativen Bescheid zur versuchten Arbeitszimmerabsetzung in der Steuererklärung 2007 erhalten haben.
Die meisten KollegInnen sind zornig; in vielen Fällen geht es wohl weniger um das Geld als um die Bedeutung dieser Entscheidung: Lehrer arbeiten zuhause nichts. Viele zucken mit den Achseln, sind die abwertende Behandlung durch ihren Arbeitgeber (der sie ja eigentlich auch selbst sind: der Staat in Form regierender Parteien) gewohnt. Viele jedoch reagieren aktiv. Wir stellen die häufigsten Reaktionen vor (siehe auch diese Sammlung von Vorschlägen).
1. Keine zusätzlichen Materialien mehr besitzen und einsetzen
Diese Argumentation ist nachvollziehbar, dürfte sich allerdings als Schuss ins eigene Knie erweisen. Denn durch dieses Verhalten wird die Unterrichtsqualität sinken. Dadurch bestraft man nicht den Arbeitgeber (dem die eigentliche Unterrichtsqualität, wie man leider zur Genüge weiß, weniger wichtig ist als die eigene Popularität), sondern die SchülerInnen und damit sich selbst. Lehrer/innen werden weiterhin zum Buhmann der Nation ("Seht ihn an - er spielt mittags Tennis, hat kein eigenes vorbereitetes Arbeitsblatt, faules Stück."). Ein Lehrerfreund drückt das so aus:
joschi zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | - - - |
Unterrichtsqualität | - - - |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | - - - |
Geld | + / + + |
Kommentar: Eine Trotzreaktion, die eher schadet als nützt. |
2. Einfach weitermachen wie bisher
Diese Ansicht wird in unseren Kommentaren am seltensten geäußert, dürfte aber in der Realität zu den häufigsten Reaktionen gehören.
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | - - |
Unterrichtsqualität | 0 |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | 0 |
Geld | - - - |
Kommentar: Resignation angesichts vieler Windmühlen = Warten auf die nächste Kürzung |
3. Zusätzliche (Fahrt!-)Kosten absetzen
"Wenn der Staat mir Geld wegnimmt, dann hole ich es mir wieder an anderer Stelle!" Eine nachvollziehbare Argumentation, die u.U. steuerrechtlich bedenklich ist. Dabei dürften sich für LehrerInnen gerade bezüglich der Fahrtkosten eine Menge möglicher Punkte auftun: Fahrten zu Bibiliotheken, Fahrten zu Fort- und Weiterbildungsmeetings mit anderen Lehrer/innen, Fahrten zu Konferenzen, zur Kreisbildstelle etc. Akribischer denn je könnte man Aufwendungen für Büromaterial sammeln und einreichen; weiterhin könnte man von nun an ganz genau darauf achten, welche Materialien für den Unterricht relevant sind (mal ehrlich: Welcher Deutschlehrer hat noch nie seinen Grammatikunterricht durch Beispiele aus dem Spanischen bereichert? Welcher Physiklehrer hat noch nie 15 Lichtschalter aus dem Baumarkt für eine Partnerarbeit in der Unterrichtseinheit "Reihen- und Parallelschaltungen" benutzt?). Bitte benutzen Sie nur Ihre eigenen Belege - Beleghandel kann als Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 4 Abgabenordnung mit einer Geldbuße bis zu 5.000 € geahndet werden (Steuergefährdung).
Eine Lehrerfreundin macht es vor:
(hier Text-Kopie aus Einkommenssteuererklärung 2006)
zusätzliche Fahrten nachmittags und abends an das XY-Gymnasium und das XY-Gymnasium Junior: zu Zeugniskonferenzen, Fahrten zum Eintragen von Halb- und Ganzjahres-Zeugnisnoten, Proben für Schulkonzerte, Schulkonzerte, Ordnungsmaßnahme-Konferenzen, Unterrichts-Nachbesprechungen, Gesamtkonferenzen in Deutsch, Musik, Geschichte, Englisch, Elternabende, Dienstbesprechungen, Planungstreffen, Pädagogische Runden, zur Kreisbildstelle, zum Schulamt, zu Elternsprechnachmittagen, Gutachtenkonferenzen , Arbeitsgemeinschaften, Mentorentätigkeit für Praktikandenausbildung, Vorbereitung Projekttage, Projekttage, für Fachkonferenzen Geschichte, Englisch, Deutsch , Musik, 37 Besorgungsfahrten zur Kreisbildstelle, Buchhandlung XY, Buchladen Z, zur städtischen Druckerei, Buchhandlung N zur Bestellung und Sichtung von Unterrichtsmaterial wie Büchern und Filmen in Freistunden der Unterrichtszeit, Abholung vorbestellten Unterrichtsmaterials für Tag der offenen Tür und für Projekttage, Fotokopierladen, Besorgungsfahrten Bücherkauf, Karstadt, außerdem: Fahrten am Dienstort D. und in die Umgebung zu den Eltern und Zusammentreffen mit schülerbetreuenden Sozialarbeitern und Praktikum zwecks Besprechung pädagogischer Fragen außerhalb der Unterrichtszeit
zusammen = 2300 km x 0.30 Euro/ km = 690 Euro
Parkgebühren pauschal 60 euro
Jutta zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar', gekürzt/leicht geändert
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | 0 |
Unterrichtsqualität | 0 |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | 0 |
Geld | + / + + |
Kommentar: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. |
4. Antrag auf Zuweisung eines Arbeitszimmers stellen
Mehrere KollegInnen haben bereits entsprechende (Muster-)Briefe an zuständige Stellen (Schulamt, Kultusministerum etc.) formuliert und abgeschickt. Insgesamt waren es jedoch wohl noch nicht besonders viele.Wir veröffentlichen auf Dem Lehrerfreund in Kürze einen Musterbrief und entsprechende Hinweise. Auf dem Lehrerfreund finden Sie inzwischen einen solchen Musterbrief.
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | + + / + + + |
Unterrichtsqualität | 0 |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | + / + + |
Geld | 0 |
Kommentar: Wer Änderungen von der Politik erwartet, muss Lobbyarbeit leisten und den Verwaltungsapparat unter Druck setzen. Briefliche Anträge mit Kopien an Presse und Politik sind ein unaufwändiges, effektives Mittel. |
5. Kosten für Arbeitszimmer einklagen
Verschiedene Lehrergewerkschaften/-verbände haben vollmundig angekündigt, "Musterklagen" führen zu wollen. Es ist fraglich, ob damit ein Blumentopf gewonnen wird; drei Musterklagen, die dann letztendlich vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschmettert werden, sind einfach nur Publicity für die Lehrerverbände (im Erfolgsfall jedoch wäre der Triumph groß, deshalb lohnt sich die Unterstützung allemal).
Täten sich die Lehrer/innen einmal alle zusammen und würden zeitpunktgenau eine Klageschwemme verursachen (eine erste anwaltliche Anfrage dürfte unter 100 Euro kosten), würde das verantwortliche System einfach zusammenbrechen und müsste wohl kapitulieren. Erst vor wenigen Tagen hat die Meldung die Runde gemacht, dass die Staatsanwälte/Gerichte der Flut von Anzeigen wegen illegaler Filesharingaktivitäten nicht mehr Herr werden und sich eine Entwicklung abzeichnet, nach der "private" (= nicht gewerbliche) Urheberrechtsverletzungen nicht mehr verfolgt werden (tecchannel.de 18.08.2008).
Wesentlich ist in jedem Fall der richtige Ansatz der Klage. Ein Lehrerfreund schreibt:
Man müsste nur irgendeine Ausführungsverordnung, Dienstvorschrift oder sonstwas finden, aus der hervorgeht, dass der Lehrer diese Dinge (PC, Drucker, Arbeitsplatz) benötigt, dann könnte man imo einen Rechtsanspruch auf die entsprechende Ausstattung des Arbeitsplatzes ableiten.
joschi zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | + + + |
Unterrichtsqualität | 0 |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | 0 |
Geld | ? |
Kommentar: Die druckvollste Variante, die dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn möglichst viele mitmachen. Leider mit viel Stress (Gang zum Anwalt ...) und moderater Geldaufwendung verbunden. |
6. Das "Arbeitszimmer" ist tot - es lebe das "Lager"!
Vielfach wurde schon der Versuch gestartet, das heimische Arbeitszimmer einfach umzudeuten. Hier am Beispiel des "Lagers", das allerdings nach momentanem Stand als "Archiv" nicht absetzbar sein dürfte:
Ise zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Ise zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Ise zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Also "archiviere" ich eben 30 Kunststoffablagefächer u.a. mehr.
Schade! Ich bin hin und hergerissen zwischen Krempel eben wegschmeißen, in den Keller räumen, obwohl die Sachen dort wegen leichter Feuchtigkeit Mief annehmen und leicht gammeln oder Klage erheben.
Ise zu 'Lehrer-Arbeitszimmer ab 2007 steuerlich nicht mehr absetzbar'
Bewertung dieser Reaktion: | |
Veränderungspotenzial | 0 / + |
Unterrichtsqualität | 0 |
Ansehen der Lehrer in der Öffentlichkeit | 0 |
Geld | + / + + |
Kommentar: Eine gute Idee, die im Erfolgsfall die neue steuerliche Regelung unterminieren könnte. |
Fazit
Tja.