Technik von gestern (1): Dezimalwaage 17.09.2008, 10:06
Warum sollte man im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht nicht auch einmal eine Technik von gestern in den Blick nehmen? Die Dezimalwaage verdient es schon deswegen, weil sie jede Menge physikalisch-mathematische Wissenschaft beinhaltet.
Technik von gestern (1)
Dezimalwaage
Warum sollte man im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht nicht auch einmal eine Technik von gestern in den Blick nehmen? Sie verdient es schon deswegen, weil sie oft erstaunlich viel physikalisch-mathematische Wissenschaft beinhaltet. Dass dies für die Dezimalwaage (auch »Sackwaage«) zutrifft, erkennt man sofort, wenn man sich mit ihrer wohlüberlegten Mechanik beschäftigt.
Die Dezimalwaage wurde aufgrund der Hebelverhältnisse auch - und im Gegensatz zur Parallelogrammwaage - als Trapezwaage bezeichnet. Sie war die notwendige Weiterentwicklung der einfachen Balkenwaage, die sich aus praktischen Gründen für das Wiegen größerer Lasten nicht mehr eignete. Die im deutschen Raum gebräuchliche Dezimalwaage ist eine Erfindung von A. Quintenz, einem Benediktinermönch aus Gengenbach/Südbaden, der sie 1821 zum Patent anmeldete.
Anforderungen an Waagen
Stabilität des Gleichgewichts: Wird eine Waage aus ihrem Gleichgewicht gebracht, muss sie von selbst nach wenigen Schwingungen dorthin zurückkehren.
Empfindlichkeit: Fähigkeit der Waage, gemessene Lasten in ausreichender Feinheit anzuzeigen.
Fehlerquellen:
Für die verlässliche Funktion und die Genauigkeit einer mechanischen Waage kommt der Reibung in den Lagerstellen die größte Bedeutung zu. Die sonst üblichen in Lagerschalen laufenden Zapfen sind bei Waagen zu Schneidenlagern (Bild) verformt, die mit minimaler Reibung pendeln. Die Schneide bewegt sich in der Pfanne.
Material-Elastizität: Soweit Balken und Hebel auf Biegung beansprucht sind, sind sie so dimensioniert, dass sich die Materialverformung bei Belastung in Grenzen hält und damit den Gleichgewichtszustand nicht stört.
Um missbräuchlichem Wiegen vorzubeugen, wurde jede Waage regelmäßig vom staatlichen Eichamt geprüft.
Zur inneren Konstruktion
Eine Dezimalwaage muss so gebaut sein, dass bei Wiegebewegungen die Brücke ihre horizontale Position beibehält. Ganz präzise ist dies mit dem Gelenkparallelogramm möglich.
Da aber die Bewegungsausschläge der Brücke sehr gering sind, gewährleistet auch ein moderates Trapez einigermaßen die Parallelitätsforderung. Allerdings treten dann Querbewegungen in den Schneidenlagern auf; dies hat zu unzähligen Hebelkonstruktionen geführt, die dieses Problem ausschalteten, denn Lagerquerkräfte sind der Empfindlichkeit einer Waage abträglich.
Arbeitsblatt
Lösung
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Bild zur Anfrage eines tec.LEHRERFREUND-Lesers, wie man in der Antike schwere Lasten gewogen habe.
Zum Thema »Technik des Alltags« schlägt der tec.LEHRERFREUND weitere Projekte vor:
- Mobile im Gleichgewicht
- Papierlocher
- Spanngurt mit Spannschloss
- Flasche verschließen mit mehrgängigen Gewinden
- Was ist ein guter Zirkel?
- Alter Schiffskran
- Druckknopf
- Wie funktioniert ein Kugelschreiber?
- Seifenspender
- Regenschirm
- Einsteckschloss
- Umschaltknarre
- Saiten spannen
- Reißverschluss
- Wasserventil
- Schnappverschluss
usw.