Bionik (4): Besser fliegen dank Bionik: Winglets 25.09.2011, 14:04
Kann man Flugzeuge ohne Hilfe der Bionikforschung herstellen? Der Begriff Bionik kam 1958 auf, das erste Flugzeug wurde jedoch schon um 1903 gebaut. Wie und warum man auf die abgebogenen Flügelspitzen kam.
Winglets: Besser fliegen dank Bionik
Kann man Flugzeuge ohne Hilfe der Bionikforschung bauen?
Der Begriff Bionik kam 1958 auf, das erste Flugzeug wurde jedoch um 1903 gebaut.
Dass Menschen schon vor 2500 Jahren fliegen wollten, erfährt man aus einer griechischen Sage: Dädalus, der Erfinder, fertigt aus Vogelfedern und Kerzenwachs Flügel für sich und seinen Sohn Ikarus an; die beiden fliegen davon, doch – ihr Abenteuer endet mit einem tödlichen Absturz. Um 1505 skizziert Leonardo da Vinci Vogelflügel und Flugapparate. 1896, fast 400 Jahre nach dem italienischen Genie, stirbt Otto Lilienthal nach einem missglückten Flugversuch. Die amerikanischen Brüder Wright setzen Lilienthals Forschungen fort und bauen Anfang 1900 einen Doppeldecker-Gleitapparat. Danach werden Flugzeuge in vielen Varianten und in großer Zahl entwickelt und gebaut.
Ein gutes halbes Jahrhundert nach den Gebrüdern Wright griff dies alles die noch junge Bionikforschung auf und bereicherte in der Folge die Flugphysik.
Der Überblick zeigt: Es brauchte keine offizielle Bionik, um Flugzeuge zu bauen. Dies heißt nicht, dass unsere flugbegeisterten Vorfahren auf Vorbilder der Natur hätten verzichten können. Bilder und Skizzen von Leonardo da Vinci und Lilienthal (alle WIKIPEDIA), beweisen es.
Eines der Ergebnisse der Bionikforschung führte zu einem Detail an modernen Flugzeugen, das wir hier betrachten wollen. Es sind die »winglets« (engl. für Flügelchen) an den Flügelspitzen. Sie zeigen meist schräg nach oben, können aber auch nach oben und unten ausgerichtet sein.
Aus welchem Grund stattet man Flugzeuge mit Winglets aus?
Dazu müssen wir uns die Strömungsverhältnisse am Flügel näher ansehen.
Bild: Winglet an einem Airbus (WIKIPEDIA)
Dass Vögel vorwärts kommen, hängt mit der gewölbten Form ihrer Flügel zusammen. Der vorne abgerundete und nach hinten schmaler zulaufende Flügel eines Vogels und die Tragfläche eines Flugzeugs gleichen sich stark. Seinen Schub nach vorn bekommt der fliegende Vogel durch Schlagen und Drehen der Flügel; Flugzeuge erhalten den Schub aus Propellermotoren oder Strahltriebwerken.
In der Luft entstehen am fliegenden Flugzeug so genannte Randwirbel. Sie entstehen, weil der niedrige Druck an der Flügeloberseite und der höhere Druck an der Flügelunterseite sich zum Rand hin ausgleichen. Auf der Oberseite der Tragfläche strömt die Luft zum Flugzeugrumpf hin und auf der Unterseite zu den Flügelspitzen hin. Diese Querströmungen auf beiden Seiten der Tragfläche bewirken, dass an der Flügel-Hinterkante Wirbel entstehen, die insgesamt eine Wirbelschleppe bilden, mit der Folge eines Auftriebsverlusts. Die an den äußeren Flügelenden entstehenden Wirbel sind für den so genannten induzierten Widerstand verantwortlich.
Bild: Randwirbel, erzeugt mit vom Boden aufsteigendem, rot gefärbtem Rauch (NASA: Mit farbigem Rauch sichtbar gemachte Wirbelschleppe hinter einem Flugzeug (Public Domain))
Hier haben Bionikforscher nun bei den Vögeln einen Trick abgeschaut:
Bild: Condor im Flug (WIKIPEDIA) Bild Ester Inbar
Viele Vögel - wie etwa der Condor - spreizen beim Fliegen ihre Flügelenden, die so genannten Handschwingen, und verringern damit die Kraft kostende Verwirbelungsenergie. Versuche haben ergeben, dass schlaufenförmige Tragflächenenden - Spiroide oder Split-Wing Loops - zu noch besseren Flugeigenschaften führen.
Auch quer zu den Flügeln entstehen Wirbel. Fliegen Vögel oder Flugzeuge zu steil, dann können Querwirbel einen Strömungsabriss zur Folge haben. Eine Gegenmaßnahme der Vögel: Sie richten beim Ablösen der Strömung immer wieder ihr weiches Deckgefieder auf. Auch diese Beobachtung übernahmen Techniker für Flugzeuge: Sie rüsteten sie mit einem System von Rückstromtaschen aus.
Mit den bis jetzt größten Winglets ist die Boeing 737-800 ausgestattet: Sie sind 2,40 Metern hoch.